Freitag, 16. Dezember 2016

Unwort des Jahres

Kunde

der Heimbewohner ist durch das Attribut Wohnsitz kenntlich gemacht, der Kunde durch das Attribut Zahlungsfähigkeit.

Wer weniger zahlen kann, ist nicht gleich. Der Einbruch der Betriebswirtschaft in die Gerechtigkeit.

Recht wird zum Privileg. Der Republik sollte das so wenig gefallen wie der "Volksgenosse".

Freitag, 9. Dezember 2016

Noch einmal die Scheibe

Wertverhältnisse und Folgen des Handelns

Balance of values


Werte der Republik

Freiheit , Gleichheit, Zugewandtheit, das sind die Grundwerte der Republik, die drei Formen, in der sich die Würde des Menschen zeigt, in der sie beachtet werden will. Die Farben der vollständigen Republiken zeigen es in Gelb/Weiß, Rot und Blau/Schwarz an. Sie prägen die Relationen zwischen Personen, die ursprüngliche Sehnsucht jeweils nach Erfüllung im Ich, Du, Wir widerspiegelnd.

Wie im Persönlichen, so bewirkt auch eine Gewichtsverschiebung der Werte zueinander im Politischen fühlbare Veränderungen in der Befindlichkeit, die regelmäßig zu Gegenbewegungen zurück in Richtung der Balance führen. Ob zum Guten oder Schlechten, das liegt im Temperament des Betrachters, der ja selbst auch nicht in einer prästabilen Harmonie lebt, sondern seine bevorzugte Sehnsucht hat. In der hier zusammengestellten Scheibe der Sehnsüchte undÄngste habe ich einige Begriffe erfasst und einander gegenüber gestellt, was meiner Vorstellung nach geeignet ist, eine grobe Orientierung politischer Verhältnisse und der jeweils zu erwartenden Gegenbewegung vorzunehmen. Gegenwärtig zeichnet sich -für mich leider- ein Backslash gegenüber der Zeit einer Überbetonung der Freiheit gegenüber den Werten der Gerechtigkeit und der Zugewandtheit statt, der so viel verführende Kraft hat, dass die Bewegung nicht nur zu einer -ebenso einseitigen- Verschiebung in eine gemüthaft autoritäre Herrschaft von Mehrheit und Führer führt, sondern sich von der Verfassung der freien Republik ins Ideologisch-Gewaltsame entfernen kann. Republikaner, richtige Republikaner aller Tendenz, vereinigt Euch, das letztere zu verhindern.

Wo auf dieser Tafel sich wohl Trump, Putin, Orban, Katschinski, Erdogan, der Schlächter von Aleppo einfinden,
wo die Schröder, Blair, Hollande, die Kim und die chinesischen Führer? Wohin wohl der neue Diktator von Burundi tendiert, die Entwicklung in Kirgistan, Libyen geht?

Viel Vergnügen bei der Beschäftigung  mit dem Board of balance und/oder der Berichtigung nach eigener Vorstellung.

2.12.2016.     Klaus Wachowski

Mittwoch, 30. November 2016

Wertverhältnisse der Republik - Graphisch -

Wieder einmal ist es nötig sich politisch Klarheit zu verschaffen. Daher:

Im Folgenden einige Basics zu den Verhältnissen in dem politischen Gebilde, das man Republik nennt.:

Es werden die 3 Wertekategorien in ihrem Verhältnis zueinender und im Wechselspiel der veränderten Machtverhältnisse betrachtet.








Ich-Du-Wir. Konstellationen der Politik.

Diese Blätter zeigen Möglichkeiten und Tendenzen zur Veränderung des Gleichgewichts bis zur Zerstörung der Republik. Zur Zeit - nach einer als zu stark empfundenen Dominanz der Freiheit, vereinigen sich die Wünsche nach mehr Gleichheit und Zusammengehörigkeit in der ganzen Welt zu einer explosiven Mischung, wie sie schon einmal nach dem Aufbrausen des Ich-Ich im Frühkapitalismus, und nach dem Wirtschaftswahn der 20er Jahre aufquoll. Die gärenden Flüssigkeiten der massenhaften Angst, umgerührt von Demagogen warten auf den stärkeren Ehrgeiz von kalten Funktionären ideologischer Ausrichtung. Romatik mischt sich mit Kalkül.

Aber Politik ist Sache persönlichen Handelns und Verhandelns. Sie hat noch die Macht gegenüber Gewalt und heimlicher Absprache.

Wo das Gleichgewicht bis zu Auslöschung oder zur Alleinherrschaft eines der Werte der Verfassung jeder Republik geht, findet keine "Weiterentwicklung" der Revolution und ihres Ergebnisses Republik statt, sondern Auslöschung der Politik, Rückkehr in den vorzivilisatorischen Zustand von Gewalt und Täuschung. Ideologie, Herrschaft des Weltbildes, über den real existierenden Menschen.

Was anders als miteinander reden, handeln und verhandeln hilft gegen eine Welt aus zwanghaften Eroberern der Macht?

Dienstag, 29. November 2016

Dienstag, 15. November 2016

Sie alle sind Republikaner....

Aber sie haben von den drei Bedingungen der Republik doch nur eine - teilweise - verwirklicht.   Die Freiheit - der Reichen zur Herrschaft, der Armen auf Elend.

Mit der Gleichheit ist es nicht weit her. Die Gleichheit mittels pumpgun ist nicht die des Rechts, sondern des Todes. Okay: sie sorgt für Höflichkeit unter mißtrauischen Nachbarn.

Und die Brüderlichkeit haben sie in all der Zeit stets nie als Brotherhood of men verstanden, sondern als die Sippenerweiterung auf die Nation. Wenns viel war!-

Die Gleichheit kann nicht nur eine des Rechts sein. Sie muß sich auch auf die Macht erstreckten. Sie darf nicht durch den Einkauf von Meinung, politischer Vertretung und Stimmen ins Ungleichgewicht der Macht umschlagen. Die ändert doch das Recht nach Willkür. Und die Freiheit...

Die Beschränkung der Brüderlichkeit ist doch zugleich Ausschluss. Wie kann die Republik leben, wo Abgrenzung gegen und Herrschaft über Andere gewollt ist.

Du bekommst die Republik nicht geschenkt. Die drei Bedingungen müssen zugleich erfüllt sein. Mag Dein Temperament dem einen mehr, dem anderen weniger zu neigen, die Balance darf nicht kippen, willst Du nicht den Umbruch in die Herrschaft riskieren.

Aber: wer will noch Republik?

Falsche Frage! Sie sollte lauten: Mit wem kann ich den Bau, die Wiederherstellung beginnen, den Untergang aufhalten?

Blick von Ferne

Grenzerfahrung

Voraus blendet die Hoffnung, hinter Dir brennt Elend und Angst, von rechts und links die Schläger von Mafia und Polizei.

Der Zaun kommt, die Mauer. Dahinter die Hasskappen der Nazipatrioten.

Aus dem Dunkel in die Zukunft, aus dem Unmenschlichen in die Unbarmherzigkeit.


Doch sieh! Aus den Büschen springen Frauen und Männer herbei, werfen Nahrung und Wasser herauf!
Sei der Mensch auch schlimmer als Mensch: da sind doch immer auch Menschen.

Freitag, 11. November 2016

Donnerstag, 10. November 2016

Aus meinem Blog "Aus Tag und Traum"



Jahr des Hool

Im Jahr der Barmherzigkeit gewinnen Haßpredigten Wahlen

Eine Bewegung der Unbarmherzigkeit hat die Welt ergriffen. Du glaubst doch nicht, daß der Obdachlose eine Chance hat, wenn er den Kriterien der Bruderschaft vom Stammtisch nicht entspricht!

Elf- Egalite, Liberte, Fraternite

Der Anspruch auf Gleichheit vor dem Gesetz schützt den Egoismus zwar vor dem Untergang, hindert ihn aber auch an der Entfaltung.

Auch in der Freiheit ist der Egoist zu Hause. Aber solange er nicht Hai ist, ist es beschwerlich bis elend.

In der Brüderlichkeit der "wahren" und "reinen" Nation, Rasse, Klasse, Kirche vereinigt er sich mit den anderen Egoisten "seiner Art". Der Nachteil an Verlust von Freiheit gleicht der Zuwachs an Sicherheit aus, den die Herrschaft über "Andere" verschafft. Er braucht keine Barmherzigkeit, hat er doch das Versprechen seiner Kameradschaft.
Menschlichkeit, Barmherzigkeit für Andere ist ihm nicht nur seltsam, krank oder unwirtschaftlich, sondern -wie der Nazi nach Logik des Ork verlauten läßt- defaitistisch, Verrat (auch "wahre" Sozialisten sollen sich derart geäußert haben.)
*
Der Du Mensch bist, sei es nicht "zuerst mal hier", sondern dort, wo Menschen sind.

Auch die Zeit der Freiheit war nicht gut für die Menschlichkeit. Aber unter den Plagen des Dschungels konnte auch sie sich entfalten - wie leider auch Bosheit und Haß.

Unter Gleichen hatte sie ebenfalls ausreichend zu tun, insbesondere um den Abweichenden gegen die Verfolgung zu helfen.

Aber in der Bewegung des Ego ist sie das erste Opfer.

Sie hat  d a s  nicht gewollt.
*
Was kann sie tun?

Gegen Wellen setzt man Wellenbrecher ein; schwimmt die Gewalt wie der Fisch im Wasser, versuche man es zum Kochen zu bewegen.

Wie die Bewegung des Ich-zuerst zur Herrschaft kam, indem sie das Vertrauen zerstörte, Mehrheiten gegen Minderheiten hetzte, Einzelne dem Haß vorwarf, um schließlich die isoliert umhertreibenden Ängste unter dem einen Haß gegen das Projekt Mensch, gegen das Projekt Person zu einigen,
kann die Menschlichkeit der Bewegung des Hasses begegnen, indem sie aus der Bewegung wieder die Einzelnen macht, aus deren freiwilliger Unfreiheit sie gegossen ist. Indem sie den einzelnen Haß, seine Angst und Unbarmherzigkeit zeigt, und in den anderen Einzelnen wieder das Gefühl des Mitleids und der Gleichheit der frei Geborenen weckt.

Ein weit gespanntes Projekt über die Jahrhunderte immer weiter neu. Es ist wie in meiner Stadt: als wären die Straßen dazu da, dem Bau unaufhörliche Beschäftigung zu geben. So dem anständig gebliebenen in den Straßen des Ich-Ich, die nun umgetauft werden in das "Wir zuerst".

Klaus Wachowski 10.11.2016


Sonntag, 6. November 2016

Diktatur

Sie sagen, jene seien gewählt aber nicht berechtigt, den Terror zu unterstützen.
- Wie sie.

Ja, sie wurden gewählt.

Das gibt ihnen aber nicht das Recht, die Machtergreifung durch einen Diktator zu unterstützen.

Samstag, 5. November 2016

An die Herrscher

Eins wißt Ihr doch: So laut Eure Heldengeschichten sind, sie haben ein Ende, in dem das Lied der Freiheit wieder hörbar wird.

Ihr könnt es mit schwülstigen Reden und gewaltigen Geräuschen und Taten übertönen. Aber während Ihr tönt und dröhnt hören die Bürger in dem Schweigen, zu dem Ihr und Eure Sklaven sie zwingen, dieses eine Lied.

Mittwoch, 26. Oktober 2016

Teilen

Divide et impera. - Teile und herrsche. Römischer Kaiser.
Brot teilen, Leid teilen, das andere Teilen der frohen Botschaft.

In den 90ern beginnt die Führung der SPD damit, über die normale Distanzierung hinaus Bürger in gute und schlechte zu sortieren. Sie vergisst,  woher sie kommt, macht Sozialhilfe zu etwas, das die Leute vor dem Bauzaun betrifft. Äzt über die Not, sie sei Folge von Faulheit, nicht von einem Wirtschaften, gegen das man sich zu keiner Korrektur traut.

Ab 1990 teilt man nicht mehr christlich, sondern römisch.

Dienstag, 18. Oktober 2016

Entscheidung für den Abschuß

Aber natürlich! Die Verfassung ist das Bekenntnis zu einem Ideal. Die Würde ist die Würde. Natürlich hat der Pilot gegen ein zum Schutz der Person erlassenes Gesetz verstoßen. Er hätte im anderen Fall gegen den Schutz anderer Personen gehandelt. Verfassung hilft nicht weiter: es gibt nur eine Würde? Die Personen im Flugzeug haben ihre Würde wie die im Stadion. Das Bekenntnis zur Person wird hier vom Terror wie von jeder anderen unberechenbaren Situation zu einer paradoxen moralisch oder rechtlich nicht klärbaren Entscheidung gezwungen.

Und so Ankläger, Verteidiger und Richter.

Und Weltenrichter.

Hier ist nicht das Feld, Fragen der Moral oder der politischen Moral zu klären. Laß vor allem die ideologischen und religiösen und Stammtischrezepte aus. Sie lenken Dich von Deiner Schuld und Unschuld ab.

Es entscheidet Dein Gewissen in dem entscheidenden Moment. Richtig und ebenso falsch.

Aber natürlich muß die Frage jedesmal neu gestellt werden. Dies versperrt NS und IS einen der vielen Zugänge zum Herzen.

Seltsamnis

Beim lesen der Longlist fielen mir zwei seltsame Nisen auf. Widerfahrnis und Vorkommnis. Stellt sich die Frage, wer zuerst auf diesem seltsamen Brocken Wort stand: Kirchhoff oder Lewitscharoff? Seltsamnis der drei letzten Buchstaben. Oder was hat suhrkamp mit der Frankfurter Verlagsanstalt zu tun?

Dienstag, 11. Oktober 2016

Schily bei SZ

Schily im Gespräch mit Ströbele.

Der Herr, der einmal Revolution machte. Ich glaube nicht, dass der Knopf an seinem Gehstock tatsächlich aus Gold ist. Das würde eher zu Fischer passen. Er ist zu sehr Calvin. Prinzipientreue gegen das Freie aus Angst vor dem Chaos.

Aus der Elite über Avantgarde in die Elite geglitten. Mangel an Selbstkritik und Bekenntnis zur Gleichwertigkeit unter Menschen. Macher, nicht Freund. Allerdings braucht es gegen Freunde (siehe Fischer) Prinzipien.

Solche Leute braucht die Republik nicht weniger als ihr Gegenteil.

Klaus Wachowski, 11.10.16

Mittwoch, 5. Oktober 2016

Reue 89 und 16 Tschäpe



Über Reue - 1989
Über Tschäpe 2016
Nicht Ihr seid, sondern sie waren Täter, Bejubler und Profiteure von Tätern. Wo sie nicht bereuen ist Entschuldigung Ausrede, Bekräftigung des Verbrechens. Außerdem aber der Versuch, die nicht schuldigen auf ihre Seite zu ziehen, schuldig zu machen der Verzeihung anstelle der Opfer. Niemand als sie hat das Recht der Begnadigung. Wer es ihnen zu nehmen versucht, bestätigt den Triumph der Tat über das Gewissen, jene letzte Barriere gegen die Unmenschlichkeit.
Wir sind nicht so, wie sie uns unterschieben wollen. Und ob wir je so handeln werden und gar so ohne jede Reue, das muß sich erst zeigen! Dazu werden wir unsere Taten an ihren prüfen. Sonst wären wir wie sie uns haben wollen: wie sie.
„Ärzte im Dritten Reich“ von Robert Lifton: Dort gab es alle Sorten Charaktere, aber auch den alles entscheidenden Unterschied der Tat, welcher der Täter sich entziehen kann, sei er danach auch Opfer. Nur wer nicht sehen will, kann sich seiner selbst sicher sein – die Täter sind es bis heute. Ob wir selbst Täter sein können, wissen wir nicht. Wohl aber, daß wir es nicht sein wollen. Anders als jene, welche Täter sein wollten, was ihr Mangel an Reue beglaubigt.
Ich habe mit manchem zu tun, durch den ein höherer Wille durchrutscht wie in einen SS-Automaten. Auch der „nur“ Ausführende ist Täter.
Das Leben bleibt eine mißliche Sache (Schopenhauer), die durch Nachdenken nicht zu ändern, nur zu begreifen ist. Und so finden die Menschen und die, die es bleiben wollen, keine Ruhe, auch nicht über sich selbst. Was bleibt, als dies anzunehmen?
Zum Jahreswechsel Jan 89
*
Heute, mehr als 20 Jahre später unterstreiche ich die Grundaussage.
Wir hatten Glück und kamen nicht an die Macht und Verlegenheit, unsere Selbstgewißheiten prüfen lassen zu müssen. Abwiegelung Pol Pot, klammheimliches Lächeln sind nicht Zeichen moralischer Festigkeit. Was wir beweisen können, ist Reue über solches Tun, Unterlassen, Urteilen oder Loben.
Aber wir wurden mit Glück und eigenem Zutun  nicht Täter. Die andere Seite von 68 – all You need is love- half.
Seither bin ich von meinem Täterbegriff abgekommen. Die Vorstellung, Täter zu sein, geht traditionell mit der zusammen, „durch und durch“ Täter zu sein. Ein Ich kann man danach nicht ändern, bestraft wird eine vom Menschlichen abweichende Seele.
Ich habe bei mir erfahren, daß meine Taten, zwar gewollt waren und nach der Motivationslehre praktischer Philosophen, im gleichen Fall genauso wieder getan werden würden, aber der Gedanke, daß ich bei klarem Verstand und zur Barmherzigkeit zurückkehrendem Herzen dies nicht gewollt noch getan hätte, half mir dabei auch nach außen hin zu bereuen, ohne mich insgesamt als Person verabscheuen zu müssen. Denn ab jetzt war es ein anderer Fall!
Die Tat, so gering sie war: Das, was ich und wie ich wollte, zu verurteilen, ließ mir die Möglichkeit, mir für die Zukunft eine andere Haltung fest vorzunehmen. Und dies half tatsächlich im einen oder anderen Fall den Motiven „berechtigten“ Zorns das Motiv der Zurückhaltung aus schlechter Erfahrung erfolgreich entgegen zu setzen. Und die Reue über die Tat, das zu spät eintreffende Mitleid, konnte im einen und anderen Fall sogar von manchen Verletzten angenommen werden. Wo dies nicht geschah, bleibt die Erinnerung ein Stachel.
"Es war ein Fehler" ist nicht: "Es tut mir leid!" Viele Terroristen der einen oder anderen Seite entschuldigen sich mit "Irrtümern". Es braucht keine Entschuldigung, sondern den Schmerz des Mitleids, das allerdings zu spät zur Abwendung der Tat kommt. Wer will dem Täter glauben, der auch jetzt keinen Schmerz empfindet.
Mit Erkenntnis des Falschen kommst Du zur Tür. Ohne Schmerz kannst Du sie nicht öffnen. Ob Du Verzeihung bekommen kannst, musst Du fragen. Die Antwort kann nur das Opfer geben. Ist sie oder er tot, kannst Du Verzeihung nicht mehr bekommen. Vielleicht können die Angehörigen Dir ihre eigenen Verletzungen vergeben.
Und Du, mein Freund, ich bitte Dich: verzeihe Du nicht, was nur ein anderer, eine andere vergeben kann.
14.8.2016               Klaus Wachowski

Donnerstag, 29. September 2016

Problem Schelling

Ich lese von einem Schelling-Preis der Architektur.

Ein Karlsruher Architekt, SA und NSDAP- Mitglied hat im eroberten Strasburg von Aufträgen zum Bau der Nazi-Uni und der "Gauburg" erhalten. Am Protz der Bestie verdient. Als Profiteur später nur als Mitläufer eingeordnet. Nicht wesentlich unterbrochene Karriere.

Ich hätte Probleme damit, so einen Preis anzunehmen.

Mittwoch, 28. September 2016

ich lese Houellebecq Elementarteilchen


Which side are You on?
In der Mitte des Buches glaube ich einen Faun mit Potenzproblemen zu lesen. Das wissenschaftliche Beiwerk mag er sich angelesen oder studiert haben. Es dient aber offensichtlich zur Beimischung von Gemüse zur Darmpflege.
Warum soll ein Porno für ausgelutschte Intellektuelle keinen Erfolg haben? Ich lese ihn, wie ich auch gerne mal zur Industriepizze greife, die mir ein Modegastronom mit hochgezogener Braue und spitzem Mündchen reicht. Und ich bedanke mich höflich.
Vielleicht kommt noch was nach. Ein scharfes Schnäpschen vom Zyniker würde ich nicht verachten.
Sinn scheint sein eigenes Leben nicht bereit zu halten. Eine Vorstufe zur Depression? Die Alten, die über alles meckern und nichts Eigenes entgegen zu setzen haben. Leben scheint keine Alternative zu sein.
Das Problem ist Zugehörigkeit. Er gehörte nicht dazu, fühlte sich zu Höherem bestimmt. Andere wurden aus gleicher Not Priester oder Führer. Ist die Angst vor einer Machtergreifung moralisierender Islamisten wirkliche Angst um die Republik oder zeigt sich hier nur der Neid des amoralischen Pharisäers auf den moralischen?
Ich lese gespannt weiter.

Zwei, drei Seiten weiter 1.10.

Eine Republik, in der ausreichend individuelles Selbstbewußtsein vorhanden ist, um gesunden Menschenverstand zu garantieren, wird dem krausen Sprüchen eines philosophierenden Intellektuellen zum Zustand der Wirklichkeit nicht mit der Absicht zuhören, ihm handelnd zu folgen. Ruhm ist nicht gleich Macht, eine andere Form der Zustimmung voraussetzend. 
Bruno, der Braune, der sich nicht zeigt und unter Schwurbelreimen versteckt. Meine Reime haben sich haben sich mit Hilfe der Wirklichkeit gegen mich durchgesetzt.

Die neuen Abwiegler des Faschismus scheinen nun zu Verehrern zu werden. Bruno begeistert sich an einem Text zum blauen Blut des Adels. Aus solchen Vorstellungen, die in der Romantik zelebriert wurden entwickelte sich der Volksrassismus. Hier im Antisemitismus, in den Südstaaten im Rassismus gegen die Nachkommen der Sklaven.

Bruno säuselt vom Hierarchie bildenden Tier. Faschismus ist Privileg plus Beton.

Wo der Ruhm seinen Einfluss nicht in die Lenkung von Massen gießen kann, wird der verwöhnte Intellektuelle zum Prediger der Elite. Er hätte seinen Platz gern ganz oben - auch im Reich des Handels. Natürlich wird so einer gerne vom Faschismus fasziniert, der Festigung und Vererbung des Privilegs incl. Ordnung auf den Straßen durch Wellness fürs Volk verspricht.

Dies ist eine Zeit, in der auch der Halbintellektuelle wieder anfällig für das primitive Ich-zuerst ist. Seine Position ist so unsicher wie die des Mittelstands. Er reagiert mit eigenen Stammtischen des Pegida für höheres Geschwätz, während im Mittelmeer Flüchtlinge ertrinken.
Was ist mehr an Houellebeqc oder Sloterdijk als an Sarazin? Die Begriffe sind klumpiger, die Gedanken weiter ab von Klärung. Aber wieder nicht so mutig weit, dass sie zu einer dadaistischen Revolution gegen die Überhebung taugen könnten.

Den Vernunft suchenden sei nunmehr eine Kur bei Karl Kraus empfohlen, den nach Seele spürenden die Spuren der Freien wie Strindberg, Woolf, Sexton ppp.

Wer sich traut, dem sei Selbstdenken nach Kant ff nahe gelegt. Bei Befolgen dieses Rats wäre es nie zu einer Preisverleihung an einen Stammtischbruder des Strebens nach Klassenprima gekommen. FAZ, das war Flop!

*

Wie es im Buche steht


"Er war auf jeden Fall der erste, und jahrelang der einzige, der folgenden, aus Djerzinskis Arbeiten abgeleiteten radikalen Vorschlag vertrat: Die Menschheit müsse verschwinden; die Menschheit müsse einer neuen geschlechtslosen‚ unsterblichen Spezies das Leben schenken, die die Individualität, die Trennung und das Werden überwunden hat."
So eine Art weiße Orks.
Das ist also nicht kollektiver Freizeitpark, den der konservative Politiker Helmut Kohl als gräßliches Gesellschaftsmodell an die Wand malte, sondern der gute alte deutsche Menschenpark nach Hitlers Zuchtvorstellungen. Das durch die Zeiten hetzende  Wolfsrudel (so ungefähr Hannah Arendt.)

Dazu die FAZ:
Michel Houellebecq entwirft zwei Lebensläufe am »Ende der alten Ordnung«. >Elementarteilchen< ist ein moderner Klassiker, der sich gegen die Moderne wendet — ein visionärer Gesellschaftsroman,  nüchtern-sachlich und zugleich voll Melancholie. >Eine Abrechnung mit dem modernen Menschen < (Auf der Rückseite der Taschenbuchausgabe)

„Der verschwommene, willkürliche Charakter dieser Begriffe (Freiheit, Würde und Fortschritt wac) sollte natürlich dazu führen, daß sie nicht die geringste soziale Wirkung hatten — und daher läßt sich die Geschichte der Menschheit vom 15. bis zum 20. ]ahrhundert unseres Zeitalters im wesentlichen als die Geschichte einer Auflösung und eines allmählichen Zerfalls charakterisieren...“
Philosophisch, politisch nicht gerade erfahren. Die Begriffe Freiheit und Würde gehören doch in eine andere Kategorie als die des Fortschritts. Sie bezeichnen Werte, für die das bürgerliche Selbstverständnis kämpft und auf die nach der Revolution die Republik aufgebaut wird, während der Fortschritt einen Stand der Dinge bezeichnet, der von allen möglichen diskutierbaren Werten und Unwerten her gesehen zurückgelegt wurde. Ja die Sphären der Begriffe widersprechen nahezu einander: Freiheit und Würde richten sich auf Betrachtung von Person und Personen, der Fortschritt wird regelrecht von über die Person hinaus planenden, regelmäßig irren, Ideologen angemahnt, die Person nicht kennen wollen, weil ihr Bild von der Welt die Masse Mensch braucht, in der die Person aufgelöst ist und der Führer rührt, um seinem Blutbeton eine bewunderungswürdige Form zu geben, ohne zu begreifen, dass zur Bewunderung auch ein Bewunderer aus eigenem Fühlen gehört, das er ja nicht erträgt.
In dem Buch wimmelt es von Petitessen gegen die Vorstellung eines Ich und immer wieder scheint die mythische Einheit eines Menschheitskörpers, der am zerfallen ist. Erinnert jeden, der Nazis kennen gelernt hat an die irre Begrifflichkeit des Volkskörpers. Und der zum tausendsten mal beschworene Untergang des Abendlands in Form der "westlichen Werte", zu denen er eben nicht Würde und Wert des Einzelnen zählt, sondern eine nicht näher bezeichnete "westliche" Wichtigkeit, darf nicht fehlen.
Warum fällt die Intellektuelle Welt auf so ein gehoben schwadronierendes Ekel Alfred herein, einen Sarrazin der Begriffsblasen? Heidegger hat sich besser getarnt, Jünger deutlicher gehetzt. Es muß der pornographische Anteil des Romans sein, der ja auch dem Intellekt die Wurzel zieht. Literatur als Wellnesszone RTL II. Nietzsche hat es klüger mit romantischer Klangmalerei versucht.
Warum ich vermute, dass er nicht mit der Strassenbahn fährt:
Er hätte ein Gefühl dafür entwickelt, wie alt er ist.
Er hätte etwas absehen von Wichtigkeit gelernt.
Das Streben nach heiliger Reinheit wäre stark in den Hintergrund gerückt.
Einsamkeit, Bedarf an Sex, hätte sich in der Wirklichkeit eher  als in einer übersteigerten Phantasie ausgelebt.
Zu wenig Kontakt mit der Wirklichkeit in der Gemeinschaft zeugt egomane Macht- und  Gewaltvorstellungen. Er muß an der Oberfläche bleiben, das Pathos von Liebe und Schmerz vermeiden. Es könnte ihn hinunterziehen in eine Sphäre, in der Halt nur schwer zu erreichen ist. Und er würde sich möglicherweise lächerlich machen wie ein Reimeschmied oder Wagner (ich denke dabei kritisch an eigene Peinlichkeiten). Das hat er vermieden und ein buntes, späteren Lesern langweilig konstruiert vorkommendes Politrauschen hinausgeschickt. Es hat gewirkt. Peinlich das Lob der FAZ, die doch einst im Feuilleton manchmal Kopf hatte.
*
Schließlich die andere Seite des Lebens: Leiden. Wie sein vermutliches Vorbild zur Ruhmakkumulation Nietzsche leugnet und vermeidet er die Berührung mit diesem Thema. Die neue Spezies bade in einem unendlichen Wohlsein. Wellness Ewigkeit, Paradies. Dies also wäre Leben?! So ists denn doch nur ein schlaffer Schlaraffe, aus dem sich schließlich ein zu Tode gelangweilter Ork schälen muß...
4.10.16