Freitag, 29. Mai 2015

Wichtig am Gartenzaun

"Ach, wichtig, wichtig?!" Warnix wirft das Condom in den Bio-Müll. "Wenn Dein Kind vor Dir stirbt, stirbst Du; dass es nach Dir sterben wird, ist Dir gleichgültig! Und was für ein Aufwand zur Veröffentlichung Deiner Besonderheit zu Ewigkeitszwecken, von deren Wirklichkeiten Du nichts wissen kannst! - Zwiespältig. Oder?"

"Ja!" Dr. Jacko Ivanovitsch Smirc schmunzelt. "Irgendwie ist mir das Leben ungeheuer wichtig. Andererseits - die Ewigkeit. - Vielleicht lebe ich nur, um herauszufinden, was wahr ist."

Dr. Warnix stellt die Tonne ab. Gott schaut über den Zaun : "Aber Herr Nachbar, morgen ist doch die schwarze Tonne dran. Nur weil die Iren Ihnen zu Unrecht Recht gegeben haben, muss nicht auch noch beim Müll die Revolution ausbrechen!"

"Wertstoffe, bitte!" Warnix lacht, "Aber danke für den Tipp! - Wir reden gerade über wichtig: Was meinen Sie denn dazu, Nachbar Allwiss?"

Gott bekommt einen roten Kopf:" Sie wissen genau, dass ich die Märchen von Allwissenheit und Allmacht hasse! Lassen Sie das doch endlich! Ich erzähle doch auch nicht dauernd von Ihrer zweifelhaften Doktorarbeit in Psychagogik, Herr Doktor personal trainer Warnix.

Wenn Sie mich aber über Wichtigkeit fragen, rutsche auch ich voll in die Fragezeichen. Ist nicht Liebe und Freundschaft wichtig? Andererseits: Ist Lachen nicht ein Paradies und Weinen wie ein Erwachen aus dem Leid?
Und Leid? Ist es nicht auch wichtig, den Menschen in uns zu wecken?

Mein Sohn, warum musstest Du sterben? Ich wollte das nie! Warum hast Du mir die Liebe nicht geglaubt! Sie will kein Opfer! - " Er wendet sich weinend um.

Nach einer langen, peinlichen Pause lächelt er." Sorry, es hat mich wieder mal überwältigt. - Hier noch die Einladung zum Sommerfest. Dieses Jahr bin ich ja wieder dran. " Er zwinkert und die Sonne bricht aus den Pfingstgesprächen.  

29.5.2015

Dr.Smirc für sich: " Ich glaube, ich verstehe jetzt meinen Alten. Er sagte mir mal, das Wichtigste sei die Familie. Das klang so faul wie all die Worte von den Familienwerten. Aber vielleicht wollte er nur sagen: trotz allem und allem: Du bist mir wichtig!!" "Ja was sonst ist wichtig als Ich und Du?" - -

Dienstag, 26. Mai 2015

Russisch Blau - aus "Spielwiese"

Handys ringen Klingeltöne,
Blechmusik aus Neusibirsk,
Krasnodarskich schöne Söhne
Grüßen gazpromarsken Fürst.

Eingepflanzt und aufgewirbelt,
Chalturanisch hoher Zweck,
Aktien purzeln abgestürzelt,
Rote Beete, Babyspeck.

Wodka prosten Winzerclone
Posten Models schlankes Herz.
Liebe schmilzt in Mascarpone,
Putin macht es kurz.

Pfingsten 2015

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Montag, 18. Mai 2015

Hallo Ich


Ich rufe: „Hallo, Ich!“
Und zack,
das Wort knallt an die Latte.
Wer hätte das gedacht!

So aufmerksam hab ich Dir zugehört,
verstand die Sache,
fühlte brav Beziehung
und was Du von Dir kund getan
war wie gewünscht mir stets Appell.

Wo nur ein Mund war, war ich einfach Ohr!
Doch zack,
das erste Wort knallt an die Latte.
Aus allen Wolken fällt das Abitur.

Da weint das Herz im Leib,
fällt in die Hose.
Jetzt gellt der Pfiff,
wir spielen nicht mehr Fangen.
Hinaus das Wort, es muss gelingen!
Doch hoffnungslos von Hoffnung ganz besoffen
fühlen von bösen Treffern wir betroffen:
Da knallt die Sehnsucht an die Latte.

Wir denken nach,
wir spüren in den Bauch.
Mit Schulz von Thun,
mit Rogers, Kohn und Dreikurs auch.
Ich wags,
geh krumm und eignen Weg.
Und zack,
das Fragezeichen trifft ins Eck.
28.06.2010           Klaus Wachowski

Freitag, 1. Mai 2015

Birmayo

Ich nähere mich zum letzten Mal in meinem Arbeitsleben dem 1.Mai in Alzey. Ich bin dankbar, als Rechnungsprüfer darauf achten zu dürfen, dass die Republik nicht von faulen Interessen gekapert wird. Aber, wenn ich mich dem Platz nähere, auf dem wirkliche Menschen zusammen kommen, ihre Sehnsucht nach Freiheit, Gleichheit und Zugehörigkeit aus gedrückten und unterdrückten Verhältnissen ausdrücken, da geht mein Herz auf, wie sonst nur im Frühling. Dieses Gefühl hat nichts mit Erfahrungen der Kindheit oder der Arbeitswelt zu tun, das ist nach meiner Überzeugung jedem Menschen eingeboren. Kindheit und Leben können da etwas kaputt machen, das Geburtsrecht aber haben Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, diese drei Hoffnungen der Liebe und des Menschlichen.
Das deutsch-französische Trio Manijou spielt internationale Lieder der Freiheit und Gewerkschaftskämpfe. Mich erinnert das an die des Gewerkschaftschores Ludwigshafen vor guten Jahren. Mehr als Erinnerung aber sagt das Lied. Lass es Wirken! Ich sehe die begeisterten Jungen, den ängstlichen und den tollkühnen vor der Festung des Hasses und der Herrschaft durch den Schlamm kriechen, ich sehe den Alten im Schmutz eines Gefängnisses dahin siechen. In diesen Liedern beglaubigt die Hoffnung das Versprechen der Zugehörigkeit, die Solidarität. Ein Dach gegen den Regen.
Die Reden werden gehalten. Die Beschäftigten der Metro sind in diesem Jahr dabei. Wann habe ich hier in der Kreisstadt vor oder nach Walter Zuber je einen Landrat gesehen? Was einem so wichtig ist.- Der Verrat des Schröder ist nicht vergessen. Wie war das noch als keiner der Genossen auf dem Platz erschien, weil die Gewerkschaften 2004 eine halbe Million Menschen gegen den Ruck in den Kapitalismus mobilisiert hatten? Die Betriebswirte in Amt und Würden blieben, die Eliten haben das Vertrauen verloren. Die Bürger wählen nicht mehr und der Mob sieht seine Chance. Nach dieser Erfahrung glaube ich, dass die demagogischen Erfolge von totalitären und terroristischen Bewegungen zu einem großen Teil auch auf den Verrat des bürgerlichen Vertrauens durch Eliten zurückgehen. Mühsam hat die Partei wieder auf den alten Weg zwischen Forderung der Gerechtigkeit und Nachgiebigkeit gegenüber zu starker Gegenmacht gefunden. Die SPD erklärt sich solidarisch mit den Metro-MitarbeiterInnen.
Als frische Hoffnungsträger erscheinen die Familien und Anhänger bewusster türkischer, kurdischer Arbeiter. Zeit, den Platz auch einzunehmen, den die Republik frei hält. Er muss nicht mehr erobert werden. Jetzt gilt es, den festgestellten Anspruch umzusetzen. Depression ist eine Anfälligkeit, die bevorzugt aus der Zugehörigkeit stürzende, früher angesehene Bürger befällt. Hier ist spürbar Solidarität, der Boden für Hoffnung. Das Herz sagt: Das ist das Richtige.
Es regnet. Viele Rentner sind zu Hause geblieben, noch mehr Junge verstehen nicht den Sinn so eines Tages. Ich befürchte nicht, daß hier auf dem goldenen Berg die Gleichgültigkeit der Bürger untereinander so sehr anwächst wie im alten Rom und die erneute Machtergreifung durch einen Cäsar und mächtige Familienclans unabwendbar ist. Aber ich kann es auch nicht ausschließen.
So werde ich wohl auch als Rentner noch zum Birmayo, wie die Türken singen, gehn. Sgw noch lange. Vielleicht wie X, dem die Nase tropft, das Haar struppige steht, die Geldbörse offen aus der Jacke ragt, und der vergeblich mit trüben Augen Ausschau nach den Weggenossen aus den alten Zeiten Ausschau hält, mit denen und für die er damals hier den ersten Stand nach Jahren des gewerkschaftlichen Rückzugs wieder aufgebaut hatte. Wohl keiner da heute. Aber die Hoffnung aus dem Glauben an die Menschen und dem Vertrauen unter ihnen.
In Moskau, Istanbul, Budapest die Polizei der Herrschaft, in Weimar, dem Geburtsort von freier Kultur und Politik, der Terror des Hasses.
Ich sehe alles in allem auf eine gute Zeit des Arbeitslebens zurück. Etwas pathetisch, aber auch mein Herz singt ab und zu gerne Lieder der Freiheit, Gerechtigkeit und der Solidarität. Wenn Du Lust hast, gehe hin und tue desgleichen.